Als erster Gestalter überhaupt entwickelte er eine komplette visuelle Identität für ein Unternehmen – von der Architektur über das Logo bis hin zu den Produkten. Für die AEG schuf er nicht nur das Erscheinungsbild, sondern eine bis dahin beispiellose Markenkonsistenz. Damit legte er den Grundstein für das, was wir heute Corporate Design nennen.
Ein Designer, der alles gestaltete
Behrens, 1868 in Hamburg geboren, war ein Multitalent. Nach Stationen in Düsseldorf, Karlsruhe und München entwarf er fast alles: Kleider, Möbel, Gläser, Plakate, Logos. Als Mitbegründer der Darmstädter Künstlerkolonie und des Deutschen Werkbunds prägte er den Jugendstil in Deutschland – bis er einen radikalen Wandel vollzog.
1907 wurde er als „künstlerischer Berater“ der Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft (AEG) engagiert. Dort tat er etwas, das es so noch nie gegeben hatte: Er dachte Gestaltung nicht mehr in Einzelteilen, sondern als ganzheitliches System. Logo, Produktdesign, Anzeigen, Schriftzüge, Firmengebäude – alles folgte einer klaren Linie. Diese revolutionäre Herangehensweise machte ihn zum ersten Corporate Designer der Geschichte.
Architektur als Markenzeichen
Obwohl Behrens nie ein Architekturdiplom besaß, entwarf er Industriebauten, die bis heute als Ikonen der Moderne gelten. Seine Designs waren monumental, schnörkellos und ihrer Zeit weit voraus. Für Unternehmen wie AEG, Hoechst und Mannesmann gestaltete er Fabriken, die weit mehr waren als bloße Zweckbauten – sie wurden zum sichtbaren Ausdruck der Marke.
Und er war Lehrer einer ganzen Generation von Bauhaus-Legenden: Walter Gropius, Le Corbusier und Ludwig Mies van der Rohe begannen ihre Karrieren in seinem Büro.
Perfektion bis ins kleinste Detail
Behrens überließ nichts dem Zufall. Vom Grundriss bis zum Türgriff war alles durchdacht. Besonders beeindruckend ist sein Spiel mit optischer Wahrnehmung: In der Eingangshalle des Hoechst-Verwaltungsgebäudes werden die Stockwerke nach oben hin niedriger. Selbst die Lampen sind angepasst, um die Höhe der Halle größer erscheinen zu lassen, als sie tatsächlich ist.
Er dachte auch an akustische Markenführung: Ein Glockenspiel sollte den Schichtwechsel mit einer Melodie aus Wagners Lohengrin ankündigen – leider wurde es nie vollendet. Aber die Idee zeigt, wie umfassend Behrens Design dachte.
Ein zwiespältiges Erbe?
Behrens war ein Visionär, aber auch ein Rätsel. Er ließ seinen Mitarbeitern viele Freiheiten, und manche behaupteten später, sie hätten ihn nie selbst zeichnen sehen. Während er in den 1920er-Jahren Bauten im Stil der Neuen Sachlichkeit entwarf, arbeitete er im Nationalsozialismus an neoklassizistischen Großprojekten für die AEG – eine Widersprüchlichkeit, die ihn bis heute schwer einzuordnen macht.
Warum Peter Behrens uns bis heute prägt
Behrens war nicht einfach nur Designer oder Architekt – er war der Erste, der Gestaltung als strategisches Werkzeug für Unternehmen verstand. Seine Arbeit für die AEG war mehr als nur schönes Design: Sie war die Geburtsstunde des Corporate Designs, wie wir es heute kennen.